Ironman Lanzarote

Stefan Brambring finisht erfolgreich den härtesten Ironman der Welt. Hier sein Bericht:

4:45h – der Wecker klingelt – es Samstag. Da stimmt doch was nicht. Ach ja, IRONMAN.
Also raus aus den Betten. Ich konnte eh nicht gut schlafen. Viel zu lange lag ich wach da und ging das Rennen zum 27. Mal im Kopf durch.
Nun erst mal auf den Schacht und eine letzte Gewichtsoptimierung vornehmen. Anschließend quäle ich mir etwas Müsli rein – irgendwie hab ich mal wieder keinen Hunger am Morgen vor einem Ironman, aber das kenne ich ja schon. Nun in die Wettkampfklamotten rein, warme Hose und Jacke drüber – es ist noch frisch draußen.

Auf dem Weg zur Wechselzone gehe ich mit anderen Startern zusammen. Keiner sagt etwas, jeder ist ziemlich angespannt. Es fühlt sich an, als würden wir zu einer Massenhinrichtung geführt. Perwers, aber so ist es. Nun kommt langsam Routine auf: Rad checken, Reifen aufpumpen, Getränkeflaschen in Flaschenhalter, Riegel und Gels ans Rad. Dann Sonnencreme und Vaseline auftragen, Neo anziehen.

Langsam und bedächtig gehen alle Athleten nun runter zum Strand. Um 6:45Uhr findet dann die offizielle Begrüßung der Athleten aus aller Welt durch den Veranstalter statt. Zum Aufpushen ertönt nun aus den Boxen die Titelmusik zu Rocky Balboa. Dass das Schwimmen auch etwas mit Boxen zu tun haben wird, werde ich in der folgenden Stunde selber erfahren.

Es ist der 23.05.2009 – 7:00 Uhr, die Stunde, auf die ich 8 Monate lang hingearbeitet habe. Der Startschuss ertönt und 1241 Athleten sprinten vom Strand ins Wasser. Ich versuche mich so gut wie möglich aus dem wildesten Geprügel rauszuhalten. Ich schwimme einen etwas weiteren Weg um die erste Boje. Diese Idee hatten aber anscheinend noch viele andere. Ich bekomme einen Beinschlag voll ins Gesicht – und das von einer Frau. Gott sei Dank sitzt meine Schwimmbrille noch. Die folgenden 800m komme ich ganz gut in meinen Rythmus rein. Am Ende der Geraden geht es um zwei Bojen, dann wieder zurück zum Startbereich. Wir schwimmen über einige Felsen im klaren Wasser, einige kleine Fische unter uns fühlen sich in ihrem Revier wohl etwas gestört. – Nun aber nicht ablenken lassen und weiter Druck machen!

Ende der 1. Runde steige ich aus den Fluten, die Uhr zeigt 34min, nicht ganz im Soll. Also nun versuchen in der 2. Runde noch etwas zuzulegen. Die ersten Meter laufen noch gut, doch der Wind wird nun stärker und drückt Wellen in die Bucht. Nicht ganz noch meinem Wunsch – weiter gehts zur letzten Boje, ein paar Meter locker schwimmen, noch einmal die Blase entleeren (man will ja nicht unnötig auf dem Rad oder beim Laufen zum Pinkeln anhalten).
Nun raus aus dem Salzwasser, 1:09h – ok, aber nicht wirklich super, Sprint über den Strand, kurz unter der Dusche die Füße vom Sand befreien und dann im Laufen den Neo bis zum Bauchnabel ausziehen. In der Wechselzone schnell den Radbeutel greifen, Neo ganz aus, Startnummer um, Helm auf, und ab zum Rad sprinten.

Dort auf den ersten Metern die schon eingeklickten Radschuhe anziehen und nun hilft nur noch eins: Druck!
Wir fahren aus Puerto del Carmen heraus, hoch nach Yaiza, dann weiter in Richtung Playa Blanca. Ich merke schon, das wird ein windiger Tag heute! An der Saline von Janubio gehts nun rechts ab und an der Lagune von El Golfo vorbei. Jetzt drückt der Wind nicht mehr von hinten sondern immer nur von vorn entgegen. Es hilft nichts. Weiter bei Puls 160-165 die Aero-Position halten, dabei Trinken und Essen nicht vergessen. Nun geht es in die Feuerberge des Timanfaya-Nationalparks. Eine endlose Gerade, in Wellen aufsteigend. Immer mehr andere Athleten überhole ich – es läuft.

In Mancha Blanca steht meine Freundin Ute am Streckenrand. Das motiviert zusätzlich. Nun weiter nach La Santa, zwar bergab, aber dennoch ist es schwer gegen den Wind anzukommen, der teils mit über 40km/h uns entgegenbläst. Nach einer Seitenwindpassage nach Famara sehen wir schon die Ausläufer des Famara-Gebirges. Jetzt geht’s richtig los! Durch die ehemalige Hauptstadt Lanzarotes Teguise geht es immer weiter Hoch ich Richtung Haria, dem Tal der Palmen. Wir passieren Los Valles, nach einigen Kehren geht es noch immer steil bergauf, nun ungeschützt dem Gegenwind ausgesetzt immer weiter am Bergrücken hinauf. Trotz meiner Geschwindigkeit von weniger als 20km/h fahre ich klein geduckt auf dem Aero-Lenker, um dem Gegenwind keine zusätzliche Angriffsfläche zu bieten. Endlich – Passhöhe erricht.

Es geht mit 70km/h bergab, abbremsen, scharfe Serpentinenkehre, wieder antreten, der Puls geht auch bergab nicht runter.
Nach der Abfahrt geht es in Haria an der gröhlenden Menge vorbei – weiter in Richtung Mirador del Rio, dem Wendepunkt der Radstrecke im äußersten Nordosten der Insel. Doch bis dahin stehen noch einige Anstiege im Weg. Schließlich müssen auf den 180km 2500 Höhenmeter bezwungen werden. Mit dem Blick nach La Graciosa, der kleinen Nachbarinsel Lanzarotes geht es steil bergauf, ich habe schon meinen kleinsten Gang eingelegt (39-27). Die Beine brennen, die Motivation ist nicht gerade auf ihrem Höhepunkt.

Schließlich am Mirador del Rio angekommen, bei der Verpflegungstelle noch einmal Getränke und Riegel nachfüllen. Nun endlich: Rückenwind! Wir schießen bergab zur Küste. Dabei ist aber immer noch Vorsicht geboten: tückische Böen können einen da schnell vom Rad holen. Es folgen 60 hügelige Kilometer, zwar meist mit Rückenwind, dafür tut nun jeder kleine Anstieg weh in den Beinen.

Nach einen letzten Abfahrt erreiche ich die Wechselzone in Puerto del Carmen. War ich noch als 505 aufs Rad gestiegen, kam ich nun als 178. zurück. Radzeit: 5:43h. Bei den Bedingungen heute wirklich ok. Doch war ich schon hart angeschlagen. Eigentlich bräuchte ich jetzt keinen Marathon mehr laufen.

Doch es lief. Nachdem ich in der Wechselzone schnell meine Kompressionssocken und Laufschuhe angezogen hatte ging es los. Schon nach wenigen Metern fand ich mein Tempo. Dabei merkte ich schnell, das hier noch richtig was nach vorne ging. Ich setzte meine Aufholjagd fort. Doch bei der Hälfte bekam ich Probleme mit dem Essen. Hatte ich auf dem Rad schon 3 Riegel und 7 Gels zu mir genommen, so bekam ich nun nach dem 3. Gel beim Laufen fast einen Brechreiz. Mir war echt übel. Also nun kein Gel mehr – nur noch Cola und Wasser. Jetzt durfte ich nur bei keiner Verpflegung den Cola-Becher verpassen – sinkt einmal der Blutzuckerspiegel ab, ist Schicht im Schacht! Mitte der dritten von vier Runden bekam ich Schmerzen im Linken Fuß – ich hatte mir einige Blasen an den Zehen gelaufen. Doch ich versuchte die Schmerzen nicht zu beachten und hielt mein Tempo. Da war der Wille meine Position nun zu halten größer, als alle Schmerzen. Am Wendepunkt der 4. Runde wusste ich es schon: Du hast es geschafft, denn zurück musste ich jetzt eh – egal wie. Auf den letzten 3km kamen noch 3 Athleten von hinten und trieben mich: Nein, ihr kriegt mich nicht. Es forderte nun alles von mir sie in Schach zu halten.

So lief ich nach einer Laufzeit von 3:23h überglücklich ins Ziel. Gesamtzeit 10:28h. 8 Monate Training mit vielen Qualen, Motivation und einigem Verzicht hatten sich gelohnt. Dies bedeutete Gesamtplatz 105 von 1241, in meiner Altersklasse Platz 10 von 72 in meiner Altersklasse (25-29 Jahre).

Für eine Qualifikation für die Ironman- Weltmeisterschaften auf Hawaii im Oktober reichte es leider nicht ganz. In meiner Altersklasse gab es nur 3 Plätze. – Ansporn für einen weiteren Versuch. – Sicher wieder auf Lanzarote. Dies ist mein Wettkampf!

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